Ausgerechnet die Bitkom startet eine Umfrage zu Mobilfunkrisiken
Der Lobbyverein der Mobilfunkindustrie organisierte eine telefonische Umfrage zu Mobilfunkrisiken. Von rund tausend Bundesbürger gab jeder zweite an, sich vor Funkwellen zu fürchten, wenn ein Mast in seiner Nähe gebaut worden würde. Viele machten sich Sorgen um ihre Gesundheit. Das Ergebnis war für die Betreiber offensichtlich ein Schuss vor den Bug. Deshalb fordert Bitkom nun Unterstützung von der Bundesregierung in Form einer Informationskampagne zugunsten des Mobilfunkausbaus.
Bitkom-Vorsitzender Achim Berg erläutert seine Vorstellungen: „Die Menschen müssen durch die Informationskampagne in die Lage versetzt werden, sich ein eigenes Bild über die Wirkungen von Mobilfunk zu machen. Nicht nur in Deutschland gehen zu viele Verbraucher den Verschwörungstheoretikern auf den Leim.“ Der Verband hat bereits konkrete Vorschläge in der Schublade: „Die Mobilfunkvereinbarung zwischen Kommunen und Netzbetreibern sollte als kooperativer Ansatz und professioneller Dialog fortgesetzt werden. Es braucht eine klar verständliche und breit getragene Darstellung der Faktenlage. Hierfür sind öffentlichkeitswirksame Veranstaltungsformate wie gemeinsame Faktenklärungsprozesse und eine wissenschaftliche Begleitung ebenso entscheidende Faktoren wie die bürgernahe kommunikative Aufarbeitung“. Bitkom will eine Plattform im Internet für „faktenbasierte Informationen zu Mobilfunk“ schaffen, welche Bund, Ländern und Kommunalen Spitzenverbänden gemeinsam betreiben sollen.
Die Bundesregierung hat schon mit „Aufklärungskampagnen“ begonnen
Konkret warfen sich für die Bundesregierung Verkehrsminister Scheuer und Umweltministerin Schulze in die Schlacht. In einem gemeinsamen Brief an die Kommunen fordern sie Unterstützung, um „5G-Skeptiker von der Notwendigkeit der Sendemasten zu überzeugen“. Kommunen müssten bei der Standortsuche für neue Mobilfunkanlagen mitwirken und letztendlich die geplanten Sendeanlagen vor Ort aktiv unterstützen. „Unser gemeinsames Anliegen ist es“, so schreiben die Ministerien weiter, „die Urteilsfähigkeit der an der Diskussion Beteiligten zu schärfen, um besser zwischen wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen und bloßen Behauptungen unterscheiden zu können.“ Gebetsmühlenartig wird von Scheuer und Schulze die These vertreten, dass bei Einhaltung der geltenden Grenzwerte der Betrieb von Funkanlagen gesundheitlich unbedenklich ist.
Der wissenschaftliche Beirat der EU hinterfragt die Grenzwerte
In einem umfangreichen Rundschreiben an alle EU-Abgeordnete am 2.3.2020 weist man „auf Studien hin, die darauf hindeuteten, dass 5G die Gesundheit von Menschen, Pflanzen, Tiere, Insekten und Mikroben beeinträchtigen könnte.“ Und weiter schreibt der wissenschaftliche Beirat: „Die aktuellen Bestimmungen der EU zur Exposition gegenüber drahtlosen Signalen, die Empfehlung des Rates zur Begrenzung der Exposition der Bevölkerung gegenüber elektromagnetischen Feldern, sind mittlerweile zwanzig Jahre alt und sind daher nicht auf die spezifischen technischen Merkmale von 5G anwendbar“.
Auch die Grünen im Bundestag zeigen eine kritische Haltung hinsichtlich der Grenzwerte, wie ihre kleine Bundestagsanfrage vom 13.03.2020 mit dem Titel „Auswirkungen von hochfrequenten Strahlungen auf die menschliche Gesundheit und Umwelt“ (Bundestags-Drucksache 19/17939) zeigt. Hier sprechen besonders die Frage nach den ausreichenden Grenzwerten als auch die Hinterfragung nach der Rolle der Internationalen Commission of NON-IONIZING RADIATION PROTECTION (ICNIRP) für sich, beim zweiten Punkt vor allem die Frage, warum kritische Wissenschaftler von der ICNIRP ausgeschlossen werden, und ob nicht eine Reform des Besetzungsverfahrens angebracht wäre.“
Der Bundespräsident versteigt sich in seinen Ausführungen
Walter Steinmeier äußerte sich Anfang Mai zu den Kundgebungen in verschiedenen Großstädten bezüglich der Corona-Epidemie. Er warnte unter anderem davor, den „Aluhut-Trägern“ auf den Leim zu gehen. Mit dieser pauschalen Aussage warf er mobilfunkkritische Bürger in einen Topf mit rechten und linken Extremisten, mit Reichsbürgern und anderen Personengruppen, welche die Gefahren der Ansteckung durch die Viruserkrankung Covid-19 leugnen. Möglicherweise war die Bitkom mit ihren „Forschungsergebnissen“ schon beim Präsidenten vorstellig.